Frauenmantel

Heute möchte ich mich an eine der ganz großen Heilpflanzen wagen: den Frauenmantel, lateinisch Alchemilla vulgaris. Schon die Namen der Pflanze Frauenmantel, Tränenschön, Taublatt, Taubecherl, Frauenhilf, Perlkraut und Weiberkittel deuten auf die zahlreichen Geschichten hin, die sich um die Pflanze ranken und auch Alchemilla, der botanische Gattungsname spielt auf die Alchemie an und unterstreicht, dass den Menschen die Heilwirkung dieses Krauts schon lange bekannt ist. Frauenmantel kann man auch wild wachsend finden, oft ist er aber auch in Gärten vertreten und die Zweibeiner haben dieses Pflanze quasi direkt vor der Nase, ganz ohne es zu wissen. 

Frauenmantel ist in ganz Europa, Asien und Amerika verbreitet und wächst bevorzugt auf lehmigem Boden. Etwa in Wiesen, an Waldwegen oder auch in Gräben und natürlich in kultivierter Form im Garten kann man das Kraut finden.


Die Blüten des Frauenmantels sind eher unspektakulär. Sie sind gelblich-grün und sehr klein, nur etwa 5 mm groß. Sie sind sternförmig und stehen zu ganz vielen an langen buschigen Blütenstängeln.


Der Frauenmantel hat kreisrunde bis nierenförmige Blätter, die in 5 bis 11 grobe Lappen eingeteilt und am Rand ganz fein gezähnt sind. Zusammen mit der Behaarung erscheinen die Blätter daher wie ein kleiner Mantel, der an einem langen Blattstiel steht. Daher auch der deutsche Name der Pflanze.

Sind die Blätter noch jung, sieht der „Mantel“ aus, als wäre er noch zusammen gelegt, links oben im Bild. Langsam entfaltet er sich dann wenn das Blatt sich entwickelt und wächst. Fressbar ist die gesamte Pflanze, Meerschweinchen nehmen aber am Liebsten die jungen Blätter, der Geschmack wird als mild kohlrabiartig beschrieben und die Blätter können durchaus auch in der Zweibeinerküche Anwendung finden.

Wie man sehen kann, ist der Frauenmantel ein Paradebeispiel für Blätter, die mit einem sogenannten Lotus-Effekt versehen sind. Das bedeutet, das Wasser benetzt das Blatt nicht im Ganzen, sondern das Wasser perlt in einzelnen Tropfen ab und sammelt sich schließlich in der Mitte des Blattes. Dadurch kommen wunderschön schimmernde Wassertropfen zustande um die sich auch viele volkstümliche Legenden ranken. Diese „Wasserperlen“ auf den Blättern zusammen mit der besonderen Blattform des Frauenmantels haben die Menschen schon immer fasziniert und machen die Pflanze in der heimischen Flora gut bestimmbar.

Manchmal mag man sich wundern, wo die ganzen Wassertropfen herstammen, wenn es nicht geregnet hat und tatsächlich bei den Tropfen muss es sich nicht um Wasser von außerhalb der Pflanze handeln. Frauenmantel beherrscht ein ganz besonderes biologisches Phänomen, die Guttation. Guttation ist ein Begriff für das gezielte Ausscheiden von Wasser. Man muss sich vorstellen, dass Pflanzen darauf angewiesen sind, dass ständig ein Wasserstrom durch sie fließt, so wie wir auf unseren Blutkreislauf zur Nährstoffversorgung angewiesen sind. Bei den Pflanzen fließt dieser Strom von der Wurzel zu den Blättern, wo das Wasser dann verdunstet. Das kann man sich in etwa so vorstellen wie ein Papiertaschentuch dessen eine Ecke man in Wasser hält woraufhin sich das Wasser langsam durch das gesamte Tuch zieht und an der anderen Seite, also im Bereich der Blätter betrachtet man eine Pflanze, verdunstet. Ist nun aber die Luftfeuchtigkeit der Umgebung sehr hoch, erliegt dieser Strom und die Pflanze kann sich nicht mehr mit Nährstoffen versorgen. Daher scheidet sie an den Blättern bewusst Wasser aus, damit der Strom weiter fließt: dieses Phänomen sieht man beim Frauenmantel, wo sich bei entsprechender Luftfeuchtigkeit am Rand der Blätter Wassertropfen sammeln und dann in die Mitte der Blätter fließen.


Frauenmantel ist eine mehrjährige Pflanze, die einen dichten Wurzelstock bildet und jedes Jahr erneut daraus treibt. So kann sie nach und nach dichte Bestände bilden und sich unter höheren Gehölzen an feuchten Standorten großflächig ausbreiten. Die Pflanze wird bis zu 50 cm hoch und blüht von Mai bis September. Der Großteil der Blätter treibt direkt aus dem Boden und an den Blüten tragenden Stängeln treiben nur noch einige kleinere Blätter. Die gesamte Pflanze ist mit dichten, aber weichen Haaren bedeckt. Die Blütenstängel überragen die am Boden wachsenden Blätter.


Die Pflanze wird bereits seit dem Mittelalter in diversen Kräuterbüchern erwähnt und ihre Heilwirkung ist lange bekannt. Die Pflanze enthält sehr viele Gerb- und Bitterstoffe, was sie ideal macht um die Verdauung zu unterstützen. Traditionell wird Frauenmantel jedoch vor allem in der Frauenheilkunde verwendet, was wahrscheinlich auf die enthaltenen hormonähnlichen Inhaltsstoffe zurück zu führen ist, die dem weiblichen Sexualhormon Progesteron ähneln. Als Tee getrunken sagt man dem Kraut nach, dass es mildernd bei Beschwerden mit prämenstruellen Störungen und in den Wechseljahren wirkt. Zudem wirkt es entkrampfend auf die Gebärmutter und kann nach der Geburt die Milchbildung fördern. So hat es bei Frauenleiden bereits eine sehr lange Anwendungsgeschichte und bei Meerschweinchen gilt es als gute Unterstützung bei Problemen mit Zysten und allgemeinen Störungen des Hormonhaushalts. Meist wird das Kraut auch nicht in großen Mengen gefressen, sodass die Vermutung nahe liegt, dass auch der Meerschweincheninstinkt den Tieren sagt, dass es sich hier um ein Heilkraut handelt. Nicht nur bei hormonellen Beschwerden und Verdauungsproblemen wird Frauenmantel als lindernd beschrieben sondern ebenfalls bei Problemen mit den Atemorganen und auch auf das Blutgefäßsystem soll es positiven Einfluss nehmen. Ein wahres Wundermittel das Kraut so wie es scheint, kein Wunder, dass sich viele Sagen und Geschichten der Mythologie mit der Pflanze beschäftigen. Natürlich kann Frauenmantel bei ernst zu nehmenden Krankheiten keinen Besuch beim Tierarzt ersetzen, die Therapie durch einen Mediziner kann mit dem Kraut aber positiv unterstützt werden.